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Deutsche Immigranten in der Bretagne

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Überall stehen sie in der Bretagne herum, auf Weiden, in Ställen, den ganzem Tag.  Sie beäugen neugierig jeden Wanderer, scheinbar untätig, stumm, dem Augenblick verhaftet. Ist es der verträumte Augenaufschlag, die Eleganz, ja Erhabenheit ihres Hüftschwungs oder gar die überaus dekorative Pigmentierung, die sie zum Liebling nicht nur der Landwirte der Bretagne werden ließen? Die prosaische Antwort ist eine Eigenschaft, die in der Bretagne allem Deutschen nachgesagt wird, wohl oft zu Unrecht, hier aber sozusagen personifiziert: Effizienz.

Holstein-Rinder in der Bretagne
©iStockphoto.com/pjclark
Grund genug, den nationalen Schönheits-Wettbewerb für Holstein-Rinder Ende Mai 2009 in Saint-Brieuc (Côtes d’Armor) stattfinden zu lassen. 500 TeilnehmerInnen werden von den Veranstaltern erwartet, um vom 29. bis 31. Mai der staunenden Öffentlichkeit die Rinderrasse vorzustellen, die in diesem Département etwa 80% der Milchproduktion erledigt und in der gesamten Bretagne immerhin weit über 40000 Arbeitsplätze sicherstellt.
Da wir gerade bei den Zahlen sind: Eine ausgewachsene Kuh erfeut sich eines Gewichts von 750 kg, einer Widerristhöhe von 1,45 m (Tendenz steigend!) und einer Milchleistung, die andere Rassen blass werden lässt: 8000 kg Milch pro Jahr, bei den Superstars bis zu 13000.  Da freut sich der bretonische Landwirt…
Wer sich Ende Mai mitfreuen möchte, findet alle notwendigen Informationen auf der offiziellen Blog-Seite der Veranstalter. Hier gibt es auch das komplette Programm, vom Schönheitswettbewerb über Schaulaufen bis zur Versteigerung besonders begehrter Tiere: Im letzten Jahr wurden bis zu 27600 € für eine Kuh geboten. Ein weiteres Zeichen für die anhaltende Beliebtheit dieser Rinderrasse.

Dabei hatte es die Holstein-Kuh, meist in der allseits beliebten, schwarz-weißen, friesischen Variante, zunächst sehr schwer, die Hürden der französischen Bürokratie zu nehmen. Den hierzu notwendigen Anlauf nahm sie jedoch nicht in Deutschland, sondern in den USA und Kanada, wo deutsche Auswanderer ihre mitgebrachten Rinder im 19. Jahrhundert kreuzten, um diese Kuh zu kreieren. Sie musste dort jedoch bis zur Mitte der 60iger Jahre des vergangenen Jahrhunderts warten, bis zunächst in Italien und später auch in Frankreich diesem Superstar unter den Milchkühen die Einreise gewährt wurde.
Ihr Siegeszug führte sie nicht auf die „Champs Élysées“, sondern in die tiefste Provinz, insbesondere in die Bretagne, wo heute etwa 130.000 Rinder dieser Rasse offiziell registriert sind. Experten schätzen die Dunkelziffer auf 2 bis 3 mal so hoch. Damit ist die Bretagne die mit Abstand beliebteste französische Region bei den Holstein-Rindern.

PS: Aus gut unterrichteten Kreisen wird verlautet, dass die Holstein-Kühe Melkmaschinen einer bestimmten Marke bevorzugen: Westfalia

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